Sehr geehrte Gartenfreunde!
Eine sehr häufig von Gartenfreunden gestellte Frage betrifft die Ursache von gelblich-grünen Belägen auf den Zweigen und Ästen sowie Stämmen von Beerensträuchern und Obstbäumen sowie Ziergehölzen, aber auch an Wildgehölzen, insbesondere am Holunder.
Diese Beläge sind seit Anfang der 90er Jahre zunehmend zu beobachten. Auch auf Hausdächern können derartige, zumeist graufarbene Beläge beobachtet werden. Bei der genaueren Untersuchung stellte sich heraus, dass es sich um Flechten handelt.
Das Auftreten von Flechten auf Gehölzen wird zumeist als ein eher „kosmetisches“ Problem und daher als nicht bekämpfungswürdig angesehen.
Die Flechten stellen eine Lebensgemeinschaft aus Pilzen und Algen dar, wobei die Alge durch die Photosynthese Kohlehydrate produziert, die dem Partner Pilz zur Verfügung gestellt werden.
Flechten kommen weltweit vor, von den Tropen bis zur Arktis, vom Meer bis zu den Gebirgen und leben auf Gestein, Beton sowie Pflanzen, einschließlich Totholz. Flechten wurden und werden seit Alters her vom Menschen genutzt, besonders bei der Gewinnung bestimmter Farbstoffe.
Während sie gegenüber Schwermetallen eine hohe Verträglichkeit aufweisen, sind sie sehr empfindlich gegenüber relativ geringen Schwefeldioxid-Konzentrationen in der Luft. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, ob die geringere Schwefeldioxid-konzentration in der Luft infolge des weitgehenden Verzichts auf Braunkohle als Energielieferant zu dem vermehrten Auftreten der Flechten geführt hat.
Flechten gelten daher als guter Indikator für die Luftqualität. Nicht unerwähnt werden darf, dass Flechten im Rahmen ihres Stoffwechsels relativ viel Säure bilden. Diese Säureausscheidungen zersetzen das besiedelte Gestein und erlauben den Pilzfäden (Hyphen) das Eindringen in dasselbige. Die Flechten tragen somit wesentlich zur Bodenbildung bei.
Bei einem starken Auftreten von Flechten an Gehölzen ist nicht selten zu beobachten, dass deren Wuchs stark nachlässt. Es ist denkbar, dass die Säureausscheidungen der Flechten in größeren Mengen die Rinde der befallenen Gehölze schädigen. In der Folge könnte es zu Störungen in der Wasser- und Nährstoffversorgung der Gehölze kommen und rindenschädigende Pilze und Bakterien leichter eindringen. Letzten Endes könnte es zum Absterben von Zweigen und Ästen führen.
Was kann man gegen die Flechten tun? Schwachen Befall (einzelne befallene Stellen von geringem Umfang) kann man tolerieren. Stärkerem Befall kann man begegnen, in dem beim Schnitt der Gehölzen die stärker befallenen Zweige/Äste entfernt werden.
Man kann auch versuchen, mit einem Kratzer die Flechten von der Rinde zu entfernen. Die Gefahr von Rindenverletzungen und in der Folge Befall durch Rindenkrankheiten ist nicht auszuschließen. Außerdem muss davon ausgegangen werden, das die Pilzhyphen bereits in der Rinde Fuß gefasst haben.
Erfurt-Mittelhausen, 27.03.2021
Bearbeiter: Dr. Schmatz
Bildquellen
- Flechten: Dr. Schmatz
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